Neue Rolle für den Senior Customer Editor beim britischen Verlag Reach

Vom Leser zum Kunden

Von unserem GB-Trendscout Barbara Geier

Was macht ein Senior Customer Editor? Einfach ausgedrückt: Er kümmert sich um die Kunden – sprich: Leser. Der britische Verlag Reach hat diese neue Rolle eingeführt und operiert seit Anfang Oktober mit einem 13-köpfigen Team dieser Redakteure.

Hintergrund für die Veränderung ist die „Customer Value Strategy“ des Verlages, der mit mehr als 110 regionalen Titeln sowie 80 Online-Seiten und neun überregionalen Zeitungen zu den “Großen” im Land gehört und online auf kostenlose Inhalte und Reichweite setzt. Einerseits geht es darum, die Leser – oder in der Reach-Welt „Kunden" – auf Basis von Daten so gut wie möglich zu kennen, um entsprechende Inhalte liefern zu können. Andererseits sollen Werbekunden gut definierte Zielgruppen angeboten werden, die gezielter angesprochen werden können.

Loyalität als Spezialmission

„Die Senior Customer Editors sind innerhalb unserer Customer Value Strategy eine Schlüsselkomponente“, erläutert Audience Transformation Director Martin Little, der das Team führt, die Rolle dieser Journalisten auf Spezialmission. „Ihre Aufgabe ist es, die Loyalität zu unseren Medienmarken zu erhöhen. Unser Ziel sind registrierte Nutzer, wobei das Wichtigste ist, dass diese immer wieder zu unseren Seiten zurückkommen.“ Es geht also um Loyalität und eine möglichst enge Kundenbeziehung. Die Customer Editors sind dabei für verschiedene geographische Regionen zuständig und agieren als Brücke zwischen den Redaktionen und verschiedenen Abteilungen, wie den Produkt-, Daten- oder CRM-Teams. „Sie sind zwar gelernte Journalisten und beeinflussen Inhalte. Mehr noch geht es aber um die Verbreitung dieser Inhalte. Das Team soll sicherstellen, dass unser Content auf eine Art und Weise an die Kunden kommt, die ihren Bedürfnissen entspricht“, so Little.

Zu den Aufgaben der Senior Customer Editors gehört beispielsweise die Optimierung der Newsletter, die für rund 50 Millionen Seitenaufrufe pro Monat über das gesamte Portfolio hinweg verantwortlich sind und damit eines der wichtigsten Instrumente zur Generierung von Registrierungen bilden. Die Kundenredakteure lancieren neue Newsletter und kümmern sich darum, dass Inhalte und Frequenz bestehender Angebote den Nerv des Publikums treffen. Genauso fällt das richtige Timing und die Aktualisierung von Inhalten auf den Websites in ihren Aufgabenbereich.

Nostalgische Themen als Loyalitätstreiber

Stichwort: Inhalte – neben den für Reach traditionellen Loyalitätstreibern „News“ und „Sport“ soll das Team vor allem auch außerhalb dieser Klassiker weitere Bereiche identifizieren, mit denen sich eine treue Leserschaft aufbauen lässt. Im regionalen Bereich hat sich herausgestellt, dass das vor allem mit dem Thema „Nostalgie“ gelingt, über das ein Gefühl von lokaler Identität hergestellt wird. Und was hier als nostalgisch gilt, ist bei Reach genau definiert: „Zeitungen machen oft den Fehler beim Thema Nostalgie an weit zurückliegende Zeiten zu denken. Aber wer sollte für etwas aus dem 19. Jahrhundert nostalgische Gefühle entwickeln?“, meint Little. „Wir meinen damit die Zeit ab den 1960ern. Dinge, an die sich Menschen erinnern, wie z. B. Pubs, in denen sie in den 1990ern garantiert waren und die es heute nicht mehr gibt.“ In diesem Zusammenhang weist er auch auf den wertvollen Schatz an Bildmaterial hin, den regionale Zeitungen besitzen, „denn diese Inhalte sind absolut exklusiv“.

Die Konzentration auf den Kunden bzw. die Perspektive auf Leser als Kunden zur Erhöhung der Loyalität scheint für Reach in die richtige Richtung zu gehen: Als das börsennotierte Unternehmen Ende November seine Zahlen für den Zeitraum 28. Juni bis 21. November veröffentlichte, wurden 8 Millionen registrierte Kunden vermeldet, 1,3 Millionen mehr als noch Ende Juni. Damit hat man das Jahresziel bereits erreicht und nähert sich der Marke von 10 Millionen registrierten Nutzern bis Ende 2022. Das Team der Senior Customer Editors ist für Little hierbei vor allem auch aus einem Grund entscheidend: „Neue Leser gewinnen ist das eine. Man könnte fast sagen, das ist inzwischen der einfache Teil. Das wirklich Schwierige ist es, diese Nutzer auf lange Sicht zu halten. Und genau darauf konzentrieren sich unsere Senior Customer Editors. Es geht darum, Menschen mit den richtigen Inhalten an unsere Zeitungsmarken zu binden und als Leser aktiv zu halten.“