Warum sich für Verlage ein neues Verständnis der Generation 50+ lohnt

Bereits heute stellt die Generation 50+ rund die Hälfte der Haushalte und verantwortet knapp 60 Prozent der Konsumausgaben. Auch der BDZV hat das Thema aufgegriffen und betont in einem aktuellen Artikel die wirtschaftliche Stärke dieser wachsenden Zielgruppe – eine Macht, die Marken und Medien bislang oft unterschätzen oder durch Klischees verzerren. Mit seiner neuen Beratungsagentur G50Unleashed will Detlef Arnold, ehemaliger Geschäftsführer von Scholz & Friends, Heye DDB und Saint Elmo’s, genau das ändern. Im Interview erklärt er, warum gerade Tageszeitungen dringend umdenken müssen, welche Chancen sie sonst verpassen, und welches Personal sie dafür brauchen.

Herr Arnold, warum bekommt die Generation 50+ auch von Tageszeitungen nicht die Aufmerksamkeit, die ihr allein schon aus wirtschaftlicher Sicht gebühren würde?

Da sehe ich vor allem zwei Gründe. Zum einen galt über Jahrzehnte die Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen als allein „werberelevant“. Damit wurde eine Entwicklung ignoriert und eine Chance vertan. Erst langsam bricht diese alte Logik auf.
Der zweite Grund ist die falsche Sicht auf diese Menschen – geprägt von Jüngeren. Menschen ab 50 oder 60 sind nicht alt und gebrechlich, sondern leben mit dem Bewusstsein, noch zwei oder drei gute Jahrzehnte vor sich zu haben, die sie aktiv gestalten wollen. Das birgt ein enormes Potenzial.

Wie können Tageszeitungen dieses Potenzial heben?

Sie sollten die Generation 50+ nicht aus Angst vor „Vergreisung“ verschämt bedienen, sondern selbstbewusst als Chance begreifen. Gerade ältere Menschen haben ein tieferes Informationsbedürfnis und sehen insbesondere regionale Tageszeitungen als Vertrauensanker. Hier liegt eine große Stärke, die genutzt werden kann.

Und was empfehlen Sie konkret?

Greifen Sie die Themen auf, die für Ihre Zielgruppe relevant sind und sprechen Sie sie in der Sprache an, die sie kennen. Damit meine ich, dass zunächst eine Zuspitzung erfolgen muss – nicht nur im Vergleich zur Gen Z, sondern auch innerhalb der Gruppe 50+. Ein 55-Jähriger interessiert sich für völlig andere Themen als ein 75-Jähriger. Dabei ist die Frage zu stellen, ob Altersgrenzen überhaupt sinnvoll sind oder ob Lebensphasen und Haltung nicht die bessere Orientierung bieten.

Und außerdem muss die Ansprache stimmen: Sprache, Mediennutzung und Lebensstil unterscheiden sich stark. Ich selbst bin 61 und könnte keine authentische Werbung für meinen 20-jährigen Sohn machen. Genauso unsinnig ist es, wenn 30-jährige Redakteure die Kommunikation für Menschen um die 60 gestalten sollen.

Das heißt, wir brauchen mehr Menschen in den Redaktionen und im Vertrieb, die der Zielgruppe entsprechen?

Genau. Wenn jetzt Verlage diese Menschen frühzeitig in den Ruhestand schicken, um sich zu verjüngen, begehen sie einen strategischen Fehler. Sie entlassen die Menschen, die das große Potenzial erschließen könnten.

Und was wäre Ihre wichtigste Empfehlung für die Verlage?

Ich würde eine Task-Force G50+ etablieren – ein Team, das die Perspektive auf diese Zielgruppe systematisch verändert, passende Produkte entwickelt und Marketingmaßnahmen gezielt steuert.

Klick-Tipp

Befragung der Score Media Group, die auch BDZV aufgegriffen hat: