Retention als Teil der gesamten Customer Journey

Retention Management ist das neue große Ding in den Verlagen – sowohl für Print als auch für Digital. Um den Unternehmenserfolg zu sichern, gilt es, die Abonnenten möglichst lange zu halten. Die überregionale österreichische Tageszeitung „Die Presse“ geht das Thema strukturiert an. Sie denkt schon beim Aboabschluss Retention mit, wie Luca Gatscher, Head of Subscription & Marketing, beim Medienhaus/NEXT/ berichtete.

Bisher sei Customer Retention immer erst beachtet worden, wenn der Kunde kurz vor der Kündigung stand. „Das war ein Fehler“, so Luca Gatscher. Viel effektiver sei es, deutlich früher einzusetzen und die Kundenerfahrung zu verbessern, so das Learning bei Die Presse. Der Verlag hat dafür eine Strategie entwickelt, die neben dem persönlichen Kontakt zu den Abonnenten auch Mehrwerte und Erlebnisse beinhaltet. 

Beispiel Onboarding-Prozess: Viele Kunden, die für die ersten drei Monate jeweils nur 1 Euro fürs Abo zahlen mussten, waren von den 22 Euro ab dem vierten Monat geschockt – und kündigten. Mit der Einführung einer Zwischenstufe von 9 Euro für die Monate 7 bis 12 milderte die Presse den sprunghaften Preisanstieg ab. Die Kündigerquote sank. Zugleich gab es eine Änderung bei den Modalitäten. So deaktivierten zahlreiche Neu-Abonnenten direkt nach Abschluss die automatische Verlängerung des Abonnements. Im neuen Onboarding-Prozess ist eine Kündigung erst einen Monat vor Ende des sechsmonatigen Aktionszeitraums möglich.

Doch nicht nur zu Beginn, auch in der gesamten Customer Journey sei die Beachtung von Retention wichtig, so Luca Gatscher. So hat „Die Presse“ positive Erfahrungen mit dem Angebot eines Upgrades zur Jahresbindung gemacht. Die Ausspielung eines Treuevorteils (12 Monate zum Preis von 10) für den Wechsel zum Jahresabo und einePreisgarantie für ein weiteres Jahr sprach sowohl loyale als auch Schnäppchen-Abonnenten an.

30 Prozent weniger Kündigungen

Luca Gatscher ist überzeugt, dass der persönliche Kontakt die stärkste Bindung erzeugt. Deshalb setzt man bei „Die Presse“ ganz gezielt darauf, Abonnenten mit hoher Kündigungswahrscheinlichkeit zu Events einzuladen. Um die Zielgruppe möglichst genau zu erfassen, werden zunächst Fragen wie diese beantwortet: Bei wem gab es Probleme mit der Zustellung? Wer steht vor einer Preissteigerung? Oder: Wer kam bereits öfters zum Servicedesk? Sind die entsprechenden Personen identifiziert, organisiert ein fünfköpfiges Eventteam im Rahmen des Vorteilsclubs für Abonnenten freie und kostenpflichtige Veranstaltungen für sie, angefangen vom Kamingespräch über exklusive Weinverkostungen bis hin zu Musikveranstaltungen. Der Effekt: 30 Prozent weniger Kündigungen bei den Gästen.

Und was, wenn trotzdem eine Kündigung gewünscht ist? Dann heißt es so schnell wie möglich zum Telefon greifen, so Gatscher. So wird die Kündigung erst bestätigt, wenn der Kunde durch speziell geschulte Agenten erreicht wurde. 53 Prozent Kündigungen werden so in der „heißen Phase“ vermieden. Erfolge gibt es aber auch beim Onsite-Offboarding. Führt man den Abonnenten klar vor Augen, welche Vorteile sie durch die Kündigung verlieren, entscheiden sich immerhin 11 Prozent, das Abo zu behalten.