Erfolgreiche Digitaloffensive dank persönlicher Kundenberatung: Wie die Nord-West-Zeitung Abos wirtschaftlich macht

Beim Medienhaus/NEXT/ in 2025 in Essen stellte Lasse Deppe, stellvertretender Chefredakteur der Nord-West-Zeitung, ein digitales Pilotprojekt aus der Wesermarsch vor. Ziel war es, herauszufinden, in welchen Haushalten die gedruckte Zeitung nicht mehr zuverlässig oder wirtschaftlich zugestellt werden kann. Diese Haushalte wurden dann schrittweise auf digitale Abos oder den Postversand umgestellt. Dazu wurden u. a. Tablet-Bundles mit dem ePaper angeboten, zusätzliche regionale Inhalte produziert und Schulungen sowie persönliche Beratungen organisiert. Wir wollten von Lasse Deppe wissen, wie der aktuelle Stand ist – und ob das Projekt als Vorbild für andere Regionen dienen kann.

 

Herr Deppe, wie bewerten Sie rückblickend die Maßnahme in der Wesermarsch?

Das Projekt „Wesermarsch-Offensive“ war für uns sehr lehrreich – und am Ende auch erfolgreich. Wir konnten aus 202 unwirtschaftlichen 156 wirtschaftliche Abos machen. Zudem konnten wir am Projektende bewerten, welche Maßnahmen welchen Einfluss auf die Digitalisierung der bisherigen Print-Leser hatten. Elementar war dabei die enge kommunikative Begleitung durch den NWZ-Lesermarkt – bis hin zum Besuch zu Hause und verschiedenen Schulungsangeboten für die Tabletnutzung.

 

Wie nutzen Sie die Erkenntnisse aus der Wesermarsch in anderen Bezirken? Gibt es bereits eine Roadmap?

Das kommunikative Vorgehen aus der Wesermarsch wurde aufgrund unserer positiven Erfahrungen weitestgehend so auch für die anderen Gebiete übernommen. Dabei findet unsere Überplanungen nicht auf Basis einzelner Bezirke statt, sondern es werden Gebietscluster über ihre derzeitigen Bezirksgrenzen hinweg betrachtet, in denen sinnvolle neue Zustellrouten aufgebaut werden. Mithilfe des LMO-Scores sind im Laufe des Jahres somit weitere Gebiete bearbeitet worden, darunter die Landkreise Oldenburg, Friesland, Cloppenburg und Teile Ostfrieslands.

 

Können Sie uns Zahlen dazu nennen, wie viele unwirtschaftliche Abos Sie dort insgesamt umwandeln konnten?

Noch kann ich keine verlässlichen Zahlen liefern, denn wir haben im Testgebiet gesehen, dass diese frühestens nach vier Monaten stabil bleiben. Direkt nach der „Abklemmung" ist das Kundenverhalten sehr volatil. Einige kündigen, kommen dann aber doch wieder. Andere schwanken zwischen den Produkten. Noch andere – zum Glück wenige – kündigen noch mit Verzögerung. Aktuell sind wir in den anderen Gebieten noch nicht an diesem Punkt. Es sieht aber alles danach aus, dass sich die Ergebnisse aus der Wesermarsch verstetigen.

 

Der Aufwand in der Wesermarsch war mit Schulungen, zusätzlichem Content etc. hoch. Begleiten Sie die folgenden Projekte auf ähnliche Weise?

Learnings aus dem Wesermarsch-Projekt waren, dass nicht alle Maßnahmen funktioniert haben bzw. notwendig waren. Bei jetzt laufenden Projekten, die ohne zusätzliche redaktionelle Kapazitäten umgesetzt werden, prüfen wir natürlich wieder den Erfolg und können so stetig neu abgleichen, welche Maßnahmen uns helfen – und welche nicht. Ein wesentliches Learning ist, dass wir vor allem dort eine hohe Wandlung auf digitale Aboprodukte verzeichnen können, wo wir eine persönliche Kundenberatung anbieten können. Diese ist im digitalen Transformationsprozess extrem wertvoll.

 

Wird das ePaper mittelfristig zur Standardlösung im ländlichen Raum oder bleibt es eine Übergangstechnik?

Das abschließend zu beantworten, ist derzeit nicht möglich. Das ePaper schenkt uns wie andere digitale Produkte Zeit, unabhängig von Print zu werden. Solange sich die Printproduktion und -zustellung wirtschaftlich umsetzen lässt, ist das ePaper eine von mehreren Alternativen.

 

Vielen Dank für das Gespräch.